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Schreiben nach Brüssel

Umgang mit Großraubtieren gemäß aktueller FFH-RL: Herausforderungen, Folgewirkung undoffene Fragen aus Sicht der österreichischen Weidetierhalter in den artenreichen Alm- undBergge eten in den österreichischen Alpenregionen Sehr geehrte Fr. Kommissionspräsidentin,

wir, der Verein „ALM WEIDE SCHUTZ.AT“, bedanken uns ob der Möglichkeit, dass auch wir Weidetierhalter nun zu diesen wichtigen Themen auf EU-Ebene Stellung beziehen können. Des Weiteren begrüßen wir sehr, dass man seitens der EU-Kommission dem Ernst der Lage nun entsprechend handelt und eine neue Phase im Umgang mit den Großprädatoren innerhalb der FFH-RL einleitet.

Wir von „ALM WEIDE SCHUTZ.AT“ haben, wie der Vereinsname schon sagt, den Erhalt der

Weidetierwirtschaft und der damit unmittelbar in Verbindung stehenden Kulturlandschaft Alpenraum auf unserer Agenda. Aktuell ist das exponentielle Wachstum der Großraubtierpopulationen für unsere biodiversitätsstiftende Weidekultur unbestritten die größte Existenzbedrohung im alpinen Raum und folglich ist unser klares Ziel: ein politisch veranlasstes aktives Großraubtiermanagement inklusive Bestandskontrolle. 1. Ko-Existenz von Weidetieren mit Großraubtieren in unserer artenreichen

kleinstrukturierten Kulturlandschaft ist nicht möglich – Herdenschutz ist in seiner

Wirksamkeit am Limit Wir erlauben uns Ihnen anbei eine Daten- und Faktensammlung zum Thema Herdenschutz im Anhang als Präsentation zu übermitteln. Zusammenfassend daraus lässt sich festhalten Herdenschutz ist großflächig undurchführbar

Lt. Grüner Bericht 2022 sind in Österreich 23,6% der Grünfutterfläche Alm- und Bergmähder. Bereits das Österreichzentrum Bär Wolf Luchs erkennt die technische Unmöglichkeit auf Almweiden Herdenschutzzäune aufzustellen. Im Bundesland Kärnten sind folglich anhand eines Kriterienkatalogs die Almweiden fast zur Gänze als nicht mit Herdenschutzzäune schützbar ausgewiesen. Großflächige Herdenschutzzäune zerschneiden auch den natürlichen Lebensraum der gesamten Wildtierpopulationen und ein fehlender Genaustausch hat negative Folgewirkungen auf den gesamten Wildtierbestand.. Herdenschutz ist unverhältnismäßig

Wir von „ALM WEIDE SCHUTZ.AT“ haben aufgrund der vorgegebenen Parameter wie Weideflächen, Anzahl Weidetiere, Almweiden die Kosten für Herdenschutz durch Zäune, Behirtung und Herdenschutzhunde hochgerechnet und kommen auf einen Betrag in der Größenordnung von 1,5€ Milliarden Euro für Österreich. Natürlich fallen in Folge die Kosten für die Erstinvestition Zäune weg, aber es bleiben Erhaltungskosten bzw. Folgeinvestitionen, sodass man auch da jährlich im Bereich von 0,5-1€ Milliarde bleibt. Es steht außer Frage, dass sämtliche Weidetierbetriebe in Österreich, welche lt. Grüner Bericht 2022 im Schnitt Einkünfte von 10.168€/Mutterkuhbetrieb ausweisen, durch zusätzliche Herdenschutzkosten zu Verlustbetrieben werden. Da bereits jetzt in Österreich rund 57% (vgl. Grüner Bericht 2022) der landwirtschaftlichen Betriebe im Nebenerwerb tätig sind, werden diese Verlust aus der

landwirtschaftlichen Sparte von den Betrieben nicht mehr getragen werden und in Folge schließen. Diese Betriebsschließungen sind die direkte Konsequenz aus einer fehlgeleiteten EU-Politik.. Herdenschutz ist unzumutbar

Wie bereits erwähnt sind 57% der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich im Nebenerwerb, deren Anteil bei der biodiversitätsfördernden Betriebsform extensive Weidetierhaltung noch höher ist. Hier ist die Arbeitskraft am Hof der limitierende Faktor. Zusätzlicher zeitlicher Aufwand durch Herdenschutzzäune inkl. zeitintensiver Wartung der Zäune kann durch die Familien in diesen Betrieben nicht mehrbewerkstelligt werden. Auch auf den Almen ist die Arbeitskraft „Hirte“ der limitierende Faktor. Bei den rund 8.000 bewirtschafteten Almen in Österreich bräuchte es für eine ordnungsmäße Behirtung im Sinne des Herdenschutzes gegen Großraubtiere wie auch unter Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften rund 16.000 Hirten pro Alpsaison. Um den Tiroler LHStv. Josef Geisler zu zitieren: „Behirtung wird sicher nie eine Massenbewegung, weil das Personal fehlt.“

2. Fehlende naturschutzfachliche Abwägungsfrage

Es ist unbestritten, dass die almwirtschaftlich genutzten Flächen, wie auch viele andere kleinstrukturierte Weideflächen hier in Österreich wichtige Hotspots der Biodiversität darstellen und diese auch wichtige Ökosystemleistungen erbringen. Diese seit Jahrtausende durch Menschenhand umsichtig entwickelten Bewirtschaftungsweisen von Almen und extensiven Weideflächen haben zu entsprechenden Naturräumen mit co-evoluierten Artenkomplexen geführt. Von dieser durch menschliches Hegen und Pflegen geschaffenen faunistischen Artenvielfalt durfte sich im Zuge der Österreichischen Almwirtschaftstagung beiwohnende EU-Direktor für Biodiversität Herr Humberto Delgado Rosa ein beeindruckendes Bild machen. Eine kurze Zusammenfassung über den geschlossenen Kreislauf Almwirtschaft – Weidetiere – Biodiversität dürfen wir Ihnen ebenfalls im Anhang übermitteln.


Fakt ist, dass auch innerhalb der FFH-RL Pflanzenarten wie auch Tierarten mit almwirtschaftlicher Relevanz geschützt sind wie zB. Alpenmannstreu, Frauenschuh, Karawankenmohrenfalter, Apollofalter, Braunkehlchen, Wiedehopf, um nur einige zu nennen. Weiteres kommen auf den österreichischen Almenauch 38 FFH-Lebensraumtypen vor, davon vor allem der Borstgrasrasen. All diese Schutzgüter werden durch die negativen Folgewirkungen, ausgelöst durch die unregulierte Ausbreitung der Großraubtiere in

diesen nicht schützbaren extensiven Weidegebieten, weiter in Ihrem Bestand gefährdet. Durch die aktuelle starre Regelung des umfassenden wie bedingungslosen Schutzes, der nicht mehr gefährdeten Großraubtieren, nimmt der Naturschutz und die Biodiversität langfristig Schaden. Wir dürfen hier die klaren Worte von dem Schweizer Biologen Marcel Züger zitieren: „Mit einem Festhalten am strengen Schutz werden nicht nur Fortschritte für ein kontrolliertes Wolfsmanagement untergraben und zahlreiche andere Naturschutzziele direkt konkurrenziert, sondern der Naturschutz verliert als Ganzes anGoodwill und Unterstützung“. Auch Wildtierbiologe Dr. Klaus Hackländer hat in einem ORF-ZIB2-Interview am 25.8.2022 folgendesfestgehalten: „Man hat mit den wachsenden Wolfspopulationen einen Erfolg im Artenschutz, aber jetzt geht hier eine Schere auseinander dh. es besteht noch immer der strenge Schutz und auf der anderen Seite haben wir eine Population, die nicht mehr gefährdet ist und somit müssten die Gesetze schon längst angepasst werden, weil diese hinken den aktuellen Realitäten hinterher. Dieser Argumentation schließt sich auch Wildökologe Dr. Dr. Sven Herzog in seiner Rede beim Wildtierforum Berlin 2021 an: „Der mitteleuropäische Naturschutz ist Gewinner, wenn er Verlierer ist. Der Naturschutz lebt wirtschaftlich davon, wenn die Arten selten bleiben. Und wenn eine Art häufiger wird und man sie im Grunde aus dem Schutz entlassen kann, dann haben viele Naturschutzprojekte, Organisationen große Probleme, weil sie einfach davon wirtschaftlich leben. Hier muss der Naturschutz lernen, wie er mit solchen Erfolgsgeschichten umgeht. Diesen Punkt richtig zu erkennen und zu managen,da muss noch viel gelernt werden“. Mit diesem wertvollen Abschlussstatement von Dr. Dr. Sven Herzog wollen wir an dieser Stelle vorerst enden mit der Bitte, wie Aufforderung, dass sich die EU-Gremien hier ihrer Verantwortung umfassend bewusst werden und gerade beim Thema Großraubtiere die vielen Daten und Fakten über die negativen Folgewirkungen auf die Artenvielfalt in unserem Kulturraum Alpen verursacht, durch das unregulierte wie exponentielle Wachstum der Großraubtierpopulationen ernst nehmen. Wir sehen es auch als Notwendigkeit, dass sich hierbei die EU-Gremien nicht mehr nur auf die einseitige Berichterstattung wieIn formationen von den Großraubtieren wirtschaftlichen abhängigen Naturschutzorganisationen oder

ideologisch geprägten Behörden verlassen und es so zu weiteren Fehlentscheidungen kommt. Eines ist unumstößliches Faktum: das Kulturerbe Alpenbogen ist einzigartig, wie einmalig, die Wölfe hingegen haben aber weltweit genügend artgerechte Lebensräume! Abschließend möchten wir festhalten, dass auch viele Fragen zu den Herausforderungen Großraubtiere aus Sicht Weidetierhalter an die entsprechende Abteilung von Fr. Minister Gewessler Umweltministerium,wie auch an Dr. Blaschka Geschäftsführer Bär Wolf Luchszentrum Österreich übergeben wurden. Seit Monaten haben wir trotz Nachfragen keine Antworten von diesen Stellen erhalten. Dies zeugt einmal mehr, dass hier die Rechte wie auch die Nöte der Landbevölkerung wie auch Weidetierhalter von

Entscheidungsträgern ignoriert werden. Gerne möchten wir Sie, Fr. Kommissionspräsidentin, zu einer Nahaufnahme der Situation der

Weidetierhalter in Österreich wie auch zu einem Lokalaugenschein unserer artenreichen Almweiden zB.im Naturschutzgebiet Hohe Tauern in Österreich einladen. Wir betroffenen Weidetierhalter würden Ihre Zusage zu einem Besuch hier bei uns auf Österreichs Almgebieten als Ihre Wertschätzung für unsere tägliche landwirtschaftliche Arbeit im Zeichen von Lebensmittelsicherheit wie auch Naturschutz sehr begrüßen. Bildquelle: pixabay



Melde dich zum Mahnfeuer an: https://www.almweideschutz.at/general-8





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